Kunstverein Kohlenhof 2015, Wolfgang Herzer

Fred Ziegler
Siebdrucke, Holzobjekte, Eremitenprotokolle und „Brand Experience Space“
Kunstverein Kohlenhof
, 13. September – 26. September 2015

In seiner aktuellen Ausstellung heute im Kunstverein Kohlenhof, zeigt Fred Ziegler vier unterschiedliche Werkgruppen aus vielen Jahren, die sich, wie sollte es anders sein, um das Thema Gelb drehen. 
Eigentlich Gelb-Schwarz? Oder? 
Wir werden auf dem Weg zu den angesagten Werkgruppen unter dem Feldzeichen des Gelb einige Entdeckungen machen.
Gelb scheint nicht nur Zieglers künstlerisches Thema zu sein, auch Lebens-Thema oder wenigstens Lebens-Stil-Element scheint es zu sein. Die Vita des in den 1950er – Jahren geborenen, von 1977 bis 1984 in Nürnberg studiert habenden, im oberpfälzischen Parsberg lebenden Ziegler, zeigt jedenfalls mit Blick auf mindestens ein Dutzend Stipendien und Auslandsaufenthalte rund um den Globus die Dynamik des Gelb-Charakters.
Gelb ist das Signum des Unterwegsseins und der Veränderung.
Ziegler setzt fort bzw. vertieft damit das spätestens in den 1980er Jahren begonnene Work in Progress, das ihn bekannt gemacht hat, es könnte den Titel tragen: Auf der Suche nach dem absoluten Gelb und zeigt auch dem Neu-Einsteiger schon auf den ersten Blick, dass Farben mehr sind als die klar definierten Gegenstände der RAL-Farbtafel oder die optischen Differenzwerte unserer Lebenswelt.
Gelb ist ein Sprachzeichen pflanzlicher, tierischer und menschlicher Kultur-Wesen.
Es geht um die Idee des Gelbs, um Wirklichkeit und Poesie der Farbe am Zenit des Farbkreises und die transkulturellen Modifikationen und Kontexte, die das, was Gelb ist und was Gelb sagen kann, zur Erscheinung und Sprache bringen.
Und letztendlich geht es darum, dass das Kunstwerk im Kopf passiert, in gedanklich- emotionaler Helle, erst da können wir das Ganze, das ganze Gelbe, seine Vorder- und Kehrseite gleichzeitig sehen.
Zieglers Werk könnte der Anfang von einem Thesaurus sein, einer nutzwertfreien Sammlung aller gegebenen und möglichen, noch herstellbaren sinnvollen Gelb-Anwendungen bzw. sach- chromatischen Sprachzusammenhänge, deren Gesamtheit das Totale Gelb ergibt, und ich betone den Begriff der Nutzwert- und Zweck-Freiheit nachdrücklich. 
Sie ist eine anthropologische Notwendigkeit, ein Wesens-Zug von Kunst, dem Kanaa des homo ludens. In Zieglers Aktivitäten wird auch immer wieder speziell dieser Wesenszug der Kunst thematisiert und zwar in ausgesprochener Differenz zu Zwecksphären wie Politik und Wirtschaft.
In dieser Ausstellung ist es der Bezug zur Ökonomie, den Ziegler herstellt, zur Sphäre der Gewinn-Orientierung in der Verkörperung durch die Firma Kärcher. Das Kärcher-Gelb übt weniger eine ästhetische als vielmehr eine strategische Funktion im Sinne des Branding und der Corporate Identity aus. Ein sehr cooles Gelb.
Zieglers Betrieb, der Künstlerbetrieb, arbeitet demgegenüber zweckfrei. Hat die künstlerische Betriebsamkeit Sinn? Ja! , wenngleich ihr letztendlicher Sinn vielen auch hilflos nostalgisch vorkommen mag.
Der letztendliche Sinn der Zieglerschen Enzyklopädie in Gelb liegt meiner Auffassung nach darin, exemplarisch im Möglichkeits-Raum der Kunst den Ganzheits-Drang einer wirklich freien Wissenschaft zu feiern.
 Sie sind herzlich eingeladen.
 Zugesagt haben schon die Gebrüder Humboldt und Rudolf Steiner.
Gelb ist neben Rot und Blau ein Grund-Baustein unserer bunten visuellen Welt, ein tragender psycho – physiologischer Faktor und ein kollektiver Zeichenträger mit einer langen Geschichte. Beliebige Stichworte dazu sind:
 hellste, räumlich expansive Farbe der Farb-Trias im Spiel der Kontrast-Gesetze; Farbe der menschlichen Extraversion und Neid-Symbol und: Vorsicht Wespe! ; und weiter: Link zum mittelalterlichen Goldgrund, das Kommunikations- Wesen von Post und Bundesbahn und Ausschluss – Zeichen für jüdische Menschen im Nazi- Deutschland.
Ziegler ist Concept-Künstler, Ideen – oder Kunst-im- Kopf- Künstler heißt das grob übersetzt.
Der kunsttheoretische Begriff führt zur Marcel- Duchamp – Wende in der Kunst 1913 zurück.
Das ist über hundert Jahre her, aber immer noch aktuell.
Andere Künstler auf diesem einen ähnlich malerei- affinen Weg der Concept-Art, die für mich, Baujahr 1948, repräsentativ sind, sind Daniel Buren, Niele Toroni, Raimund Girke, Robert Ryman.
Fred Ziegler bearbeitet und modifiziert nicht das Netzhaut-Bild der Wirklichkeit im Sinne seiner künstlerischen Idee, wenn er mal malt, dann malt er keine Gemälde, sondern reflektiert das Malen als kulturelle, Welt deutende Fertigkeit und Disziplin und als historische Position im kulturellen Betrieb. Im Such-Licht-Schein des Gelb befasst er sich mit dem riesigen Bereich der schon bestehenden und möglichen Sprach- und Gedanken-Verbindungen, Werthaltungen und Lebensmustern, die unter der sichtbaren Spitze des Eisberges im Verborgenen stecken. Dem, was die naive Anschauung als reine Augenweide begreift, wird von hier aus erst das innere Licht, das geistige Wesens- oder illusionäre Leucht-Licht gegeben.
Unter dem positivistischen, bunten Rauschen des Impressionismus schien Anfang des 20. Jahrhunderts, dem Zeitalter von Relativitäts- Theorie, Psychoanalyse und Hiroshima, „Das Geistige in der Kunst“ zu ersterben und verlangte nach visueller Lärm-Reduktion.
Bei Duchamp ging die Reduktion auf Null, er stellte nämlich den realen Gegenstand, die Wirklichkeit selber auf den Sockel, das ungemalte Motiv, das Ready Made.
Analog dazu stellt Ziegler mit seinem Gelb die Malerei als solche auf den Sockel, in dieser Freistellung zeigt sie ihr Urprinzip, das darin besteht, die dünne bewusstseinsmäßige Membran zu visualisieren, die zwischen dem Darauf und Darunter, dem Davor und Dahinter liegt.
Das Problem, das hier Gestalt bekam, war kultur- und geistesgeschichtlich weitreichender.
Der Impressionismus, der in seiner Licht-Euphorie in der Übergangs-Zeit vom Gas – zum elektrischen Licht vor allem auch das Licht der wissenschaftlich- instrumentellen Vernunft feierte, war ein Symptom für die Krise, in der sich das Geistige befand. Als Welt-Verstehens- und Sinn-Stiftungs-Prinzip im Sinne von Humanismus und Aufklärung hatte es gegenüber dem Machbarkeits-Prinzip und dem Fortschritts-Glauben der Moderne an Boden verloren.
Der erste Weltkrieg – Schlachtfest technologischer Vernunft.
1913, das Jahr des ersten Ready Mades, – Titel war „Fahrrad-Rad“ -, unter dessen Zeichen die Konzept-Kunst auch heute noch segelt, war ein Jahr nach dem Untergang der Titanic.
Ein kulturelles Atmosphäre-Zeichen von absoluter Gelb-Kehrseitigkeit, ewig aktuell.
Die halb versunkene RMS, dramatisches Bild, das nicht nur zum fatalen Moderne-Sinn-Bild im kollektiven-Welt-Bewusstsein wurde, in ebenso eindringlicher Weise rückt es die unverrückbare Schwelle zwischen dem Sichtbaren und dem
Unsichtbaren, dem sokratischen Wissen und Nichtwissen in den Fokus.
Und Theodor Fontane dichtet davor schon: „Tand, Tand, ist das Gebilde von Menschenhand. “
Die Brück` am Tay.
 Zurück in den Orkus, back to the roots.
Zurück zu den Wurzeln, zum Dahinter, Darunter. Das heißt auch immer hin zur Akzeptanz der menschlichen Begrenztheit.
 Der Distanzraum, die der aufrechte Gang und die damit gegebene präventive Weitsicht dem homo sapiens geschenkt haben, lässt diese fundamentale Begrenztheit unter dem Zeichen allmächtiger Machbarkeits-Träume und im Licht niemals ermüdender Energiespar-Birnen vergessen.
Der Concept-Künstler dagegen, der die Beuyssche zitronengelbe Capri-Batterie verwendet, betreibt eine Kunst, die das Weltgeschehen nach dem Eisberg-Muster gewichtet.
Was steckt dahinter? Was ist gegeben? Was bewegt, und wohin und was ist es überhaupt?
Im Nachgang zu dieser Aufgabenstellung also verwendet Ziegler, wenn er Gelb nimmt, das Gelb eben nicht als chromatische Oberflächen-Qualität oder ästhetisches Kompositions-Element, sondern er verwendet diese Valenz intensivster Visualität als Schwellen-Zeichen, das die Grenze zwischen zwei Welten, zwischen Darüber- und Darunter-Welt verdeutlich und aus dem Strahlen und Leuchten des Farbwertes Gelb ein kultur-geschichtliches Röntgen-Schirm-Licht werden lässt.
Betreten wir jetzt unter diesen Vorgaben die Ausstellung, und mit der Abteilung „Brand Experience Space“ das Betriebsmuseum der Firma Kärcher.
Hier sehen Sie am Beispiel geschmolzenen gelben Kunststoff-Granulats, wie die Redewendung, dass etwas ein dehnbarer Begriff ist, in ein Bild der Wortwörtlichkeit übersetzt wird, wie es passender nicht geht.
Das Granulat liegt in irregulären Klumpen, Fäden, Bahnen, Fransen vor, kurz: Gelb zeigt frohe Dehnbarkeit: Spiellaune und Offenheit.
Kärcher ist ein Global Player in Sachen Reinigungs- Geräte und Systeme, mit Hauptsitz in Winnenden, Baden-Württemberg und einer Filiale im Raum Nürnberg.
Erfolg durch klare Grundsätze.
 Kärcher ist ein Welt-Name mit einem unverkennbaren Corporate-Design, das schon mit der stilvollen Oberfläche seiner Geräte besondere Oberflächen-Kompetenz signalisiert. Das muss den Künstler Ziegler nicht nur, weil signifikantes Gelb im Spiel ist, interessieren.
Ziegler steht mit der Nürnberger Kärcher- Niederlassung seit längerem in Verbindung, zum 75 jährigen Bestehen des 1935 gegründeten heutigen Weltmarktführers schuf er ein 6×6 Meter großes Bild bestehend aus 400, d.h. der Mitarbeiter-Zahl entsprechenden Einzelleinwänden.
Aber auch hier ist nicht das blendende, energievolle Strahlen der Oberfläche Inhalt, sondern das Ganze, das die Kehrseite mit einschließt.
In diesem Sinne ragen einige spektakuläre Groß- Reinigungs-Aufträge aus der Firmen-Geschichte heraus. Sie bekommen künstlerisch betrachtet eine symbolische Zusatz- Dimension, in der sich das Geschehen nachträglich in unserem Kopf-Kino zur Real-Performance transformiert.
Die künstlerische Methode, die hier zur Anwendung kommt hat Namen. Kontextualisierung, Framing.
Gemeint sind:
a: die Reinigung der 192 Stufen der Potemkinschen Treppe aus Odessa, die der russische Revolutions- Regisseur Sergej Eisenstein 1925 in seinem Film „Panzerkreuzer Potemkin“ verewigt und in die strahlende Sphäre der Menschheits-Symbole erhoben hat.
Geben wir der Aktion einen Titel : vielleicht: Staub der Geschichte.
Oder: Weg mit dem Schwarz unter den Nägeln der Geschichte.
Das vor gelbem Hintergrund.
b: Die Reinigung des Mount Rushmore National Memorial, wo schon Alfred Hitchcock als Saubermann porentief tätig war und in seinem Film „ der unsichtbare Dritte Gary Grant herumkraxeln ließ.
Er hatte das Böse aus dem Antlitz des vereinn Guten zu vertreiben, das in der Verkörperung von Washington, Jefferson, Roosevelt und Lincoln übers Land blickt.
Auch hier Gelb-Schwarz-Malerei: Das Helle und das Dunkle im Duell. Titel: vielleicht: Before Watergate.
Und c: In seiner Zeit als Innenminister 2002/04 machte der spätere französische Staatspräsident Nikolas Sarkozy einen Besuch in La Courneuve, einer für ihre Jugendkriminalität berüchtigte Pariser Banlieu.
Sarkozys Rezept zur Verbesserung der Lage ging um die Welt: “ … nettoyer la cité au karcher…“ 
Der soziale Abschaum sei weg-zu-kärchern. Titel? … Ohne Titel.
Hier prallen Welten zusammen und kämpfen um die Deutungs-Hoheit, um den Zugang zu den
Informations-Quellen und die mediale Vermittlungs- Macht.
Zu dieser Thematik findet Ziegler ebenfalls einen Neu-Kontextualiserungs-Stoff.
Es sind die Gitterpaletten mit dem dehnbaren gelben Kunststoff-Abfall, der bei der Herstellung von Kärcher-Maschinen-Teilen übrigbleibt.
Der Künstler bietet das amorphe gelbe Material seinem Publikum zur freien Verwendung jenseits betrieblicher Norm-Vorgaben an.
 Was man da nicht alles wagen und sagen kann! Gelb als Farbe der Weisheit.
Titel: Vielleicht: Die Wahrheit – oder: sei weise, sei leise.
Die Werkgruppe „Ziele für den langsamen Pfeil“ besteht aus 24 Siebdrucken in der Größe 80×80 cm, als Untertitel ist zu lesen: Kreisförmige Begrenzung der Farbe Gelb.
Ziegler bezieht sich in dieser ornamental anmutenden Arbeit auf eine Äußerung von Rudolph Steiner, die der Anthroposoph über die Farbe Gelb, die farbige Glanzlicht-Quelle des Geistes, gemacht hat.
Die in den Bildern auftretenden Muster gehören der naturwissenschaftlichen und technischen Ikonographie und Begriffswelt an. Sie schaffen in Verbindung mit dem Schwarz-Gelb-Kontrast, dem raum-expansivsten Farbwert, den die bunte Farb- Welt hat, und seinem entsprechenden raum – kontraktiven unbunten Gegenteil, ein Spannungs- Verhältnis, das im Denk-Rahmen des Philosophen und des Künstlers kulturkritisch ausdeutbar wird.
Steiner, der Begründer der Mensch-Seins- Wissenschaft, tritt heftig auf: “Nehmen wir das Gelbe. Nehmen wir die ganze innere Wesenheit des Gelben, wenn wir das Gelbe als Fläche auftragen. Ja, sehen Sie, das Gelbe als Fläche aufgetragen mit Grenzen, das ist eigentlich etwas Widerliches, das kann man im Grunde genommen nicht ertragen, wenn man Kunstgefühl hat. Die Seele erträgt nicht eine gelbe Fläche, welche begrenzt ist.“
Die Bilder von Ziegler haben eine hartkantige Figuration, die Steiner zuwider sein dürfte. Aber diese Figuration ist so angelegt, dass Figur und Grund bzw. Positiv-und Negativ-Form – das sind die in ständiger Änderung befindlichen raum- konstitutiven Valenzen unseres Wahrnehmungs- Feldes – , in eine ununterscheidbare Gleich- Wertigkeit und Wechselschwebe gelangen.
Das bildet eine Denk-Figur, die einen Kompromiss anbietet.
 Diese Denkfigur, die auf der Leinwand des Kopf- Kinos entsteht, tauscht das Bild, das wir mit Steiner wahrnehmen, das Bild der feindseligen Be – und Abgrenzung, gegen das Bild vielschichtiger Überlagerungen und Verdeckungen aus.
Einmal geht das Gelb unter dem Schwarz im Unsichtbaren weiter und einmal ist es umgekehrt, da greift ein Gelb in eine unendliche Tiefe, hin zum Schwarz und erreicht und begreift es nicht. 
Es sind Zielscheiben der Annäherung. Der Pfeil hat eine Richtung, sein Ziel jedoch liegt im Indefiniten.
Die Werkgruppen „Profile“, die großformatige Holschnitte in Gelb-Schwarz mit dem Abdruck von Autoreifen umfasst, und die Werkgruppe „Seabreeze-Objekte, die aus gelb lackierten Schichtungs-Arrangements schmaler wellenfömig geschnittener Holzleisten besteht, haben das sogenannte Ready Made oder Fundstück als Ausgangspunkt.
In dem einen Fall der „Profile“, ist der Erkenntnis stiftende Gegenstand der Autoreifen. Durch die ästhetische Um-Formulierung, die Ziegler in seinen Holzschnitten durchführt, werden die Reifen- Außenflächen zum Text.
Da sind die Zeichen von Griffigkeit und Druck der Reifen auf neue Art lesbar.
Der Schwarzlinien – und Diaphanie-Effekt gotischer Maßwerk – Glasfenster stellt sich ein.
Die Daten einer profanen technologischen Norm, die sich die Welt in einer quasi sakralen Heilsbewegung unterworfen hat, werden zur Chiffre oder Hieroglyphe einer automobilistischen Selbstbefragung, und gefragt wird im Gegensinn zur Lehre des ADAC-Absolutismus.
Ästhetisch ist das wie die „Zielscheiben-Bilder organisiert, zielt aber auch ironisch auf ein Objekt- Inneres anderer, positivistischer Art.
 Was finden wir im Inneren des Reifens? Hohlheit. Luft.
Was geschieht, wenn wir ins Frage-Ziel treffen?
Im anderen Fall handelt es sich um Barockstühle aus einer Tel Aviver Werkstatt, die Ziegler auf einer seiner Weltreisen besuchte. Die Reste, die beim geschweiften Formschnitt der Stuhlbeine zurückblieben, faszinierten ihn. Er entwickelt aus ihnen reliefartige Wandarbeiten.
Sie animierten ihn, die Holzteile als Spuren wahrzunehmen, die aus der Geschichte kommen. Sie verweisen auf eine Zeit, in der die Sprache der Wissenschaften, die Mathematik und Geometrie, zum allgemeinen Lebens-Muster avanciert war und den Menschenkörper in das Normen-Korsett ritualisierter Bewegungsabläufe zwang.
Ein Stuhl hatte dementsprechend nicht nur Dekorations- und Nutzwert sondern übte auch einen Dressur-Effekt aus. Ziegler befreit die Wellenbewegung der Peitsche aus ihrem
historischen Disziplinierungs- und geometrischen- Einbindungs-Zusammenhang und organsiert sie dergestalt um, dass sich im Zentrum der reliefartigen Wandarbeiten eine optische Freiheitsgestalt bildet.
Dort nämlich, wo die einzelnen Wellen-Reihen nicht mehr getrennt hintereinander laufen, sondern eine Art Interferenz bilden, die Wellentäler und Höhen auf eine Ebene bringt, dort verdichtet sich das bis dahin schattengetrennte Gelb zu einem gemeinsamen Leuchtphänomen, in dem das Gelb-Wesen, von dem Rudolf Steiner spricht, auch physikalisch wahr zu werden scheint und als Lichtwolke über dem Untergrund schwebt.
Mit den „19 Eremiten-Protokollen“ beenden wir unsere kleine Wanderung durch die weite Werk- Welt von Fred Ziegler. 
Sie haben den Untertitel „Experimentelle Reisebilder“, Untersuchungen zur Korrosions- Vorgängen in der Farbe, Versuche mit Wellpappe, Fischschuppen, Korallen-Formationen etc.“
Die Arbeiten sind in global friedlicheren Zeiten entstanden, ein Viertel-Jahrhundert lang reiste der Künstler alljährlich ans Rote Meer, es war noch nicht so heiß, in klimatischer und politischer Hinsicht.
Das Rot der Region! 
Suchte hier der Künstler Erholung vom Gelb, findet er hier Abstand zu den Seins-Mustern, die sich unsichtbar wie die starren Korallen-Bänke aus den ja eigentlich Offenheit intendierenden Gelb- Aktivitäten bilden?
Die kleinen Formate haben die Qualität von Reagenz-Röhren aus dem alchimistischen Kunst- Labor, es wird experimentiert. 
Da wird im Dunklen unterschiedlichster Materialien und ihrem Verhältnis zu den semantischen Magnet- Kraftfeldern gestochert, die dem Gelb entströmen.
Das visuelle Muster von Wellpappe assoziiert da z.B. griechische Säulen-Architektur und den goldenen Fries der Argonauten.
 Gelb und Draht gibt roten Rost, beides bildet zusammen ein Aggregat, dessen Bedeutung für die künstlerische Wahrheitsfindung noch zu erforschen wäre. Etc.

Ich hoffe, dass das, was wir im Laufe dieser, meiner kleinen Vorlesung gehört und an sicherlich nicht immer ganz Unstrittigem herausgefunden haben, Ihr Interesse geweckt hat, hier weiter zu forschen. Immer nach der Laterne, Sonne, Mond und Sterne.

Wolfgang Herzer