Fred Ziegler

Die allgemeine Farbenlehre ordnet den schillernden Objekten ihrer jahrhundertelangen Untersuchung verschiedene Dienste zu;sie dienen der Abbildung der Realität, dem symbolischen Transfer von Inhalten, dem Ausdruck von Gefühlswerten und in den streng disziplinierten Laboratorien und auf den Laufstegen konkreter Kunst genießen sie auch mal die Freiheit, Farbe an sich zu sein. In der postmodernen Farbenlehre Fred Zieglers dagegen, dessen Interesse ausschließlich dem Gelb gilt, lernt der Betrachter das lichte Mitglied der Farbtrias vor allem als eigenständigste, plurale Persönlichkeit kennen.

Es tritt als Subjekt seiner eigenen Geschichte und quecksilberiger Teilhaber der Dingwelt auf, der chamäleonartig wie der T 1000 aus Terminator 2 jede beliebige Gestalt seiner Umgebung annehmen kann. Mal schlüpft es in die Form einer VW-Karosserie, mal ist Gelb Bild, mal Ramadour; jetzt zieht es sich als Naturton in den Daseinsschatten eines Stuhles aus Tropenholz zurück, dann lässt es sich wie ein Vampir nieder und entleert wie im Falle des Wanderüberzugs im Tresorvorraum der Bayrischen Vereinsbank Nürnberg ein Ding seiner Materialität. Die Arbeit des 1953 in Nürnberg geborenen Ziegler, Conceptkünstlers der 3.Generation, der in der Reduktion seiner Mittel vergleichbar mit Daniel Buren (geb.1938) Kunst knapp überm Wurzelstock macht, besteht schließlich darin, diesem flüchtigen Gelb mit allen modernen Mitteln, die dem Künstler seit Dada und Fluxus zur Verfügung stehen, Fallen zu stellen. Und wenn es dem Gelbforscher Ziegler gelungen ist, das Gelb via Raum- und Wandarbeiten, auf Papier und skulptural, als Ready Made und Medium paradoxer Interventionen in seinen gegenständlichen und gedanklichen Bindungen dingfest zu machen, dann nur, um im gleichen Augenblick auch schon wieder zu erkennen, dass es nicht zu binden ist.

Gewiss ist Zieglers Faible für Gelb auch Persönlichkeitssache. Seitdem Ziegler 1984 als Meisterschüler die Kunstakademie der Dürerstadt verlassen und als Stipendiat in den USA, Frankreich, Italien, Sri Lanka, damit begonnen hat, den postalischen Charakterzug der Farbe Gelb in seiner Vita wahrzumachen, entwickelte er über dieses Sockelstück der Sichtbarkeit eine Phänomenologie, die alle Kategorien sprengt. Im Gegensatz zu Kandinsky aber, der von der mystischen “Verschmutzung einer inneren Klangwelt durch den äußeren Gegenstand” spricht und in der Farbe den Ausdruck des Absoluten zu erfahren meint, begreift Ziegler die Beziehung von Farbe und Gegenstand als Symbiose, in der die Farbe den Aktiv-Teil übernimmt. Seine teils witzigen, aber auch tiefernsten Farb-Fälle exemplifizieren dabei keine gegebenen farbtheoretischen, semiotischen oder illustrativen Werte. Sie beinhalten vielmehr eine Art geschichtlicher Dialektik, die jede Verfestigung interpretatorischer Begriffe auf etwas Anderes hin überschreitet und Ziegler selber einen Marx der Malerei ausweist, der die abstrakte Farbe wieder auf die Beine gestellt hat.

Wolfgang Herzer
Kunstverein Weiden e.V.